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Finanzkommentar Daniel Wüest (Group CFO)

Allgemeines

Das Geschäftsjahr 2022 war wiederum geprägt von einem dynamischen, komplexen und zugleich herausfordernden Umfeld mit sich ständig ändernden Rahmenbedingungen sowie bereits bestehenden und neu hinzukommenden exogenen Faktoren, die sich sowohl positiv als auch negativ im operativen und finanziellen Geschäftsgang der Arbonia bemerkbar machten. Anfang Jahr starteten die Märkte und Unternehmen voller Zuversicht, da erste Anzeichen zu erkennen waren, dass sich die durch die COVID-19-Pandemie hervorgerufenen direkten und indirekten negativen Effekte stabilisieren und bereits teilweise auch schon entspannen würden. Diese Aufbruchsstimmung wurde durch die russische Invasion in der Ukraine Ende Februar allerdings jäh beendet.

Während in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres weiter steigende Materialkosten und Energiepreise sowie noch nicht vollständig funktionierende Lieferketten für diverse Materialien und besonders elektronische Komponenten die Produktionsprozesse verzögerten und verteuerten sowie die umgesetzten Preiserhöhungen noch nicht ihre volle Wirkung erlangten, war das zweite Halbjahr geprägt von weiter stark ansteigenden Energiekosten und einem beispiellosen Lagerabbau des Grosshandels in Deutschland, vor allem im vierten Quartal, der sich insbesondere auf den Heizkörper-, Duschtrennwand- und Standard-Türenabsatz negativ auswirkte. Durch die konsequent durchgesetzten Preiserhöhungen konnte beispielsweise der Umsatz bei den Heizkörpern gegenüber dem Vorjahr gehalten werden, trotz eines Volumenrückgangs von über 20%. Allerdings hatte das fehlende Volumen einen substantiellen, negativen Effekt auf die Profitabilität und die zu Grunde liegenden Margen. Die im Laufe des Jahres massiv angestiegenen Energiekosten (vor allem Strom und Erdgas) führten zu höheren Kosten gegenüber dem Vorjahr von rund CHF 14 Mio. im Konzern, die zum grössten Teil die Division HLK zu tragen hatte und die EBITDA-Marge der Gruppe um mehr als 1 Prozentpunkt und diejenige der Division HLK um rund 2 Prozentpunkte belastete.

Die Division Türen akquirierte zwecks Erweiterung des Produktsortiments mit hochwertigen Spezialtüren für den Objektvertrieb Mitte Juli 2022 die joro türen GmbH. Der Kaufpreis betrug CHF 23.1 Mio. Im Geschäftsjahr 2022 trug Joro CHF 4.3 Mio. zum Umsatz und CHF 1.1 Mio. zum Konzerngewinn bei. Für das ganze Jahr hätte der Umsatz bei CHF 8.7 Mio. und der Reingewinn bei CHF 1.5 Mio. gelegen. Anfang Dezember 2022 akquirierte die Division HLK zwecks Ausweitung der geografischen, produkt- und kundenseitigen Präsenz auf der iberischen Halbinsel die portugiesische Cirelius S.A., eine Vertriebsgesellschaft von HLK-Systemlösungen, für einen Kaufpreis von CHF 26.4 Mio. Da die Akquisition Ende des Jahres stattgefunden hat, wurde darauf verzichtet, die Erfolgsrechnung von Cirelius für das Geschäftsjahr zu konsolidieren. Wäre die Akquisition am 1. Januar 2022 erfolgt, hätte der Nettoumsatz CHF 23.2 Mio. und der Reingewinn CHF 2.9 Mio. betragen.

Im Geschäftsjahr 2022 belasteten Sondereffekte die Konzernrechnung auf Stufe EBITDA mit netto CHF – 4.1 Mio. respektive mit CHF – 3.2 Mio. auf Stufe Reingewinn. Ein Grossteil davon betraf die Business Unit Glaslösungen der Division Türen im Zusammenhang mit der Schliessung des Standortes Vlotho in Deutschland.

Seit 2020 betreibt eine Tochtergesellschaft der Arbonia in Russland ein Flachheizkörper-Werk, das eine Kapazität von rund 650 000 Flachheizkörpern pro Jahr für den russischen Markt hat. Bis zum Ausbruch des Krieges gegen die Ukraine herrschte eine hohe Nachfrage nach Heizkörpern, sodass die Produktion voll ausgelastet war. Seit Ausbruch des Krieges ging die Nachfrage um mehr als 50% zurück; zudem beeinträchtigten das teilweise fehlende Personal und die eingeschränkten, konzerninternen Finanzierungsmöglichkeiten den operativen Betrieb. Die Arbonia beobachtet und beurteilt die Situation intensiv.

Umsatzentwicklung

Im Berichtsjahr 2022 erzielte die Arbonia einen Nettoumsatz von CHF 1202.1 Mio., was einer Zunahme von 1.3% gegenüber dem Vorjahr (CHF 1186.2 Mio.) entspricht. Währungs- und akquisitionsbereinigt (organisch) betrug das Wachstum 5.5% gegenüber dem Vorjahr, womit sowohl die Guidance von > 5% organischem Wachstum für das Geschäftsjahr 2022 als auch das Mittelfristziel eines organischen Wachstums von 5% pro Jahr bis 2026 trotz eines anspruchsvollen Umfelds erreicht werden konnte. Dabei erzielte die Division HLK mit 7.0% (Vorjahr: 16.1%) ein bemerkenswertes organisches Wachstum angesichts des starken Volumenrückgangs von über –20% bei den Heizkörpern und sogar rund –25% bei den Flachheizkörpern, welcher von Seiten der Wachstumsprodukte (Lüftung, Wärmepumpe und Fussbodenheizung) mehr als ausgeglichen werden konnte. Die Division Türen wuchs währenddessen organisch leicht unter dem Mittelfrist-Zielwert von 5% um 3.8% (Vorjahr: 6.9%), wobei das organische Wachstum der Business Unit Holzlösungen (Standard- und Funktionstüren) bei 6.1% lag, während die Glaslösungen (vor allem Duschtrennwände) das organische Wachstum der Division mit einem Rückgang von –1.9% negativ beeinflussten. In beiden Divisionen überwogen beim organischen Wachstum Preiseffekte deutlich gegenüber Volumeneffekten.

Auf Gruppenstufe betrug das organische Wachstum in der zweiten Jahreshälfte 1.1% im Vergleich zu 9.8% in der ersten Jahreshälfte. Der in der zweiten Jahreshälfte zu verzeichnende Rückgang des organischen Wachstums ist auf den massiven Lagerabbau («Destocking») bei den traditionellen Produkten (Heizkörper, Duschtrennwände und Standard-Innentüren) zurückzuführen, den auch die teils substantiellen Preiserhöhungen auf den Produkten sowie auch die starke Nachfrage von Wachstumsprodukten im Bereich HLK (Wärmepumpe, Fussbodenheizung, Lüftungen) knapp nicht mehr ausgleichen konnten, sodass die Division HLK in der zweiten Jahreshälfte einen Rückgang des organischen Wachstums von –1.2% verzeichnete, während die Division Türen ein positives organisches Wachstum von 4.0% erzielte.

Die Umsatzverteilung nach Märkten (Ländern) hat sich im Berichtsjahr gegenüber dem Vorjahr nicht wesentlich verändert. Auf Deutschland entfielen 2022 rund die Hälfte, genau 49% (Vorjahr: 50%), des Umsatzes, gefolgt von der Schweiz mit 14% (Vorjahr: 14%), Südeuropa mit 10% (Vorjahr: 9%), Osteuropa mit 8% (Vorjahr: 8%) und Benelux mit 7% (Vorjahr: 8%) sowie 12% (Vorjahr: 11%) auf die übrigen Länder.

Sondereinflüsse belasten die Profitabilität

Das Konzernergebnis ohne Sondereffekte verringerte sich gegenüber dem Vorjahr (CHF 41.1 Mio.) um 42.0% auf CHF 23.9 Mio. Das ausgewiesene Konzernergebnis (mit Sondereffekten) reduzierte sich gegenüber dem Vorjahr von CHF 27.5 Mio. auf CHF 20.7 Mio., was einen Rückgang von –24.9% bedeutet. Der vergleichbare Gewinn pro Aktie betrug somit CHF 0.30 (Vorjahr: CHF 0.40).

Auf der Kostenseite war neben den höheren Preisen für Rohstoffe und Halbfabrikate, was zur Folge hatte, dass sich die Materialaufwandquote um 3.1 Prozentpunkte von 46.3% auf 49.4% im Berichtsjahr erhöhte, zwar ein Anstieg der Übrigen Betriebsaufwandquote (ohne Sondereffekte) um 0.4 Prozentpunkte von 14.6% auf 15.0% zu beobachten, diese beinhaltete aber die gegenüber dem Vorjahr massiv gestiegenen Energiekosten. Dank einer wiederum gesteigerten Produktivität, die sich in einer Reduktion der Personalquote (ohne Sondereffekte) um 1.5 Prozentpunkte von 30.8% auf 29.3% bemerkbar machte, konnte der negative Effekt auf die EBITDA-Marge teilweise abgefedert werden. Zusätzlich half, dass Materialpreiserhöhungen an die Kunden weitergegeben werden konnten. Trotzdem nahm das EBITDA ohne Sondereffekte im Berichtsjahr von CHF 134.3 Mio. auf CHF 112.4 Mio. ab, was einem Rückgang von –16.3% entspricht. Die EBITDA-Marge reduzierte sich von 11.3% auf 9.4%. Die auf Stufe EBITDA angefallenen Sondereffekte von CHF –4.1 Mio. fielen mehrheitlich im Personalaufwand an (Schliessung Standort Vlotho). Deshalb kam das EBITDA mit Sondereffekten auf CHF 108.3 Mio. zu liegen (Vorjahr: CHF 124.7 Mio.), was einer Marge von 9.0% (Vorjahr: 10.5%) entspricht. Die starke Aufwertung des Schweizer Frankens gegenüber fast allen für die Arbonia Gruppe relevanten europäischen Währungen hatte einen negativen Effekt von rund CHF –7 Mio. auf das EBITDA.

Beide Divisionen erlitten einen Rückgang des EBITDA und der EBITDA-Marge ohne Sondereffekte. Während die Division Türen einen EBITDA von CHF 62.2 Mio. (Vorjahr: CHF 76.3 Mio.) und eine Marge von 11.3% (Vorjahr: 13.8%) erreichte, wies die Division HLK einen EBITDA von CHF 59.2 Mio. (Vorjahr: CHF 70.6 Mio.) und eine EBITDA-Marge von 9.2% (Vorjahr: 11.2%) aus. Beide Divisionen litten unter dem Lagerabbau des Grosshandels, wobei vor allem die Division HLK bei den Flachheizkörpern einen zweistelligen CHF-Millionenbetrag an EBITDA nicht realisieren konnte, da rund 600 000 Flachheizkörper weniger verkauft wurden als im Vorjahr. Zudem war die Division HLK von einem Anstieg von rund CHF 13 Mio. Energiekosten betroffen, was sich ebenfalls im EBITDA bemerkbar machte. Bei der Division Türen waren es neben den negativen Mengeneffekten bei Duschtrennwänden und Standardtüren auch die hohen Rohmaterialkosten in Kombination mit einer zeitlich verzögerten Weitergabe von Preiserhöhungen, welche das EBITDA negativ beeinflussten.

Aufgrund des tieferen EBITDA und der höheren Abschreibungen und Amortisationen von rund CHF 4 Mio. im Vergleich zum Vorjahr fiel das EBIT ohne Sondereffekte um CHF 25.6 Mio. von CHF 67.0 Mio. auf CHF 41.4 Mio., was einem prozentualen Rückgang von –38.2% entspricht. Folglich reduzierte sich die EBIT-Marge um 2.2 Prozentpunkte auf 3.4%. Unter Berücksichtigung der Sondereffekte ging das ausgewiesene EBIT im Vergleich zum Vorjahr um 16.3 Mio. von CHF 53.3 Mio. auf CHF 37.0 Mio. zurück.

Der Netto-Finanzaufwand fiel im Vergleich zum Vorjahr mit CHF 7.2 Mio. vs. CHF 9.4 Mio. deutlich tiefer aus. Zwar fielen grössere, jedoch nicht liquiditätswirksame Währungsverluste auf den konzerninternen Darlehen an, auf der anderen Seite entlastete der positive Ergebnisbeitrag der KIWI-Beteiligung sowie der Wegfall der Leasingzinsen und Aufzinsungskosten durch den vorzeitigen Rückkauf des Corporate Centers das Finanzergebnis. Gegen Ende Jahr fielen höhere Zinskosten an, die aus der temporären Beanspruchung der revolvierenden Kreditfazilität sowie bilateralen Krediten resultierten. Per 31. Dezember 2022 war der Konsortialkredit mit EUR 55 Mio. von CHF 250 Mio. beansprucht.

Der ausgewiesene Steueraufwand hat sich aufgrund des tiefer ausgefallenen operativen Betriebsgewinns und somit auch tieferen Konzernergebnis vor Steuern (EBT) im Berichtsjahr auf CHF 9.1 Mio. (Vorjahr: CHF 16.4 Mio.) reduziert, so dass sich der effektive Steuersatz auf 30.7% gegenüber 37.3% im Vorjahr markant reduziert hat. Mittelfristig ist mit einem Rückgang in das Zielband des erwarteten Steuersatzes von 25–27% zu rechnen.

Anstieg Nettoumlaufvermögen und Investitionsquote zeigen sich im Free Cashflow

Die im Geschäftsjahr 2022 strategiekonforme, letztmals so hohe Investitionsquote von 12.4% (14.5% inkl. vorzeitigem Rückkauf Corporate Center) des Nettoumsatzes, die Zunahme des Nettoumlaufvermögens um CHF 117 Mio. sowie die Kaufsumme für die beiden Akquisitionen Joro und Cirelius von rund CHF 44 Mio., führten zu einem hohen negativen Free Cashflow von CHF –245.5 Mio., dem ein Free Cashflow von CHF 252.7 Mio. im Vorjahr gegenüber steht. Dabei gilt es aber zu beachten, dass im letzten Geschäftsjahr der Mittelzufluss von CHF 334.1 Mio. aus dem Verkauf der Division Fenster den Free Cashflow positiv beeinflusste.

Strategiekonform floss der Hauptteil der Investitionen in das «Werk der Zukunft» der Division Türen, sodass sich mit dessen Abschluss in 2023 auch die Investitionen und folglich die Investitionsquote substantiell reduzieren werden.

Der Cashflow aus der Geschäftstätigkeit war durch den Anstieg des Nettoumlaufvermögens von CHF 117 Mio. und dem tieferen operativen Ergebnis negativ betroffen und fiel im Geschäftsjahr 2022 mit CHF –25.8 Mio. (Vorjahr: CHF 92.8 Mio.) sogar negativ aus.

Rückläufige Bilanzsumme und Eigenkapital, Zu nahme Nettoverschuldung und unveränderte Dividende von CHF 0.30

Per 31. Dezember 2022 hat sich die Bilanzsumme der Arbonia im Vergleich zum Vorjahr um rund CHF 104 Mio. auf CHF 1519.5 Mio. (Vorjahr: CHF 1623.3 Mio.) reduziert. Die Reduktion kam einerseits aufgrund des Geldabflusses für Investitionen, Akquisitionen und Dividendenzahlung zu Stande und andererseits durch währungsbedingte Abwertungen der Bilanzpositionen aufgrund des starken Schweizer Frankens. Absolut betrachtet reduzierte sich das Eigenkapital um rund CHF 57 Mio. auf CHF 988 Mio., relativ aber stieg die Eigenkapitalquote von 64.3% auf 65.0% per Ende 2022, womit die Arbonia nach wie vor eine starke Eigenkapitalbasis aufweist.

Die Nettoliquiditätsposition von CHF 93.2 Mio. per Ende des Geschäftsjahres 2021 wurde durch den Geldabfluss im Geschäftsjahr zu einer Nettoverschuldung im Umfang von CHF –184 Mio. Neben den Investitionen von insgesamt CHF 174 Mio. trugen insbesondere die Akquisitionen mit CHF 44 Mio., der Geldabfluss aus der Geschäftstätigkeit sowie die Dividende zur Nettoverschuldung bei. Im Berichtsjahr hat die Arbonia zudem von der im Rahmen der Erneuerung der fest zugesicherten, syndizierten Kreditfazilität über CHF 250 Mio. eingeräumten zweiten Verlängerungs-Option Gebrauch gemacht, die Fazilität um ein zusätzliches Jahr neu bis 2027 zu verlängern.

Die nach wie vor starke Bilanz und der erzielte Reingewinn erlauben im fünften Jahr in Folge seit Aufnahme der Dividendenzahlungen für das Geschäftsjahr 2022 eine unveränderte Dividende von CHF 0.30 pro Namenaktien (CHF 0.30 für das Geschäftsjahr 2021) an die Aktionärinnen und Aktionäre auszuschütten. Dies entspricht einer Ausschüttungsquote von rund 108%. Deshalb wird der Verwaltungsrat der Generalversammlung vom 21. April 2023 beantragen, für das Geschäftsjahr 2022 eine Bardividende von CHF 0.30 pro Namenaktie zur einen Hälfte aus dem Bilanzgewinn und zur anderen Hälfte, für Schweizer Aktionäre steuerneutral, aus den Kapitaleinlagereserven auszuschütten.