Finanzkommentar Daniel Wüest (Group CFO)
Geschätzte Leserinnen und Leser
Bei der Durchsicht der Konzernrechnung der Arbonia Gruppe wird Ihnen auffallen, dass sich diese anders als im Vorjahr präsentiert. Der Grund dafür ist, dass die Division Climate (ehemals HLK) als nicht-fortgeführter Geschäftsbereich ausgewiesen wird. Konkret bedeutet dies, dass in der konsolidierten Erfolgsrechnung das Ergebnis der Division Climate lediglich in einer Zeile als aufgegebener Geschäftsbereich ins Konzernergebnis der Arbonia Gruppe einfliesst und in der Bilanz die Aktiven und Passiven der Division Climate als «zur Veräusserung gehaltene Vermögenswerte» respektive als «Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit zur Veräusserung gehaltenen Vermögenswerten» ausgewiesen werden.
Allgemeines
Nach einem sehr herausfordernden Geschäftsjahr 2022 startete die Arbonia positiv in das neue Geschäftsjahr 2023, das ansprechend begann. Allerdings zeigte sich schon bald, dass 2023 ein mindestens ebenso anspruchsvolles Jahr werden könnte. Positiv entwickelten sich die meisten Materialpreise, deren Preisniveau während des Jahres zurückging. Zudem entspannten sich die Lieferketten, womit sämtliche Rohmaterialien zeitnah wieder verfügbar waren und es somit zu keinen Lieferverzögerungen mehr kam. Auf der anderen Seite hatte der sich fortsetzende, massive Rückgang der Neubau- und Renovationstätigkeit im Wohnungsbau in den Märkten der Arbonia einen stark negativen Einfluss auf das abgesetzte Volumen in beiden Divisionen. Der Rückgang der Volumen war einerseits den hohen Zinsen, Bau- und Energiekosten geschuldet, welche den Neubau oder die Renovation von Wohnungen aus finanzieller Sicht nicht attraktiv erscheinen liessen, und andererseits noch dem fortgesetzten Lagerabbau (Destocking) bei den Grosshändlern, welche ihre Lager aufgrund der rückläufigen Bautätigkeit und hohen Zinsen weiter auf ein absolutes Minimum reduzierten. Zudem kam noch die Stärke des Schweizer Frankens hinzu, welcher auf Jahresbasis über 6% gegenüber dem Euro aufwertete und noch stärker gegenüber den meisten für Arbonia ebenfalls relevanten osteuropäischen Währungen.
Im Geschäftsjahr 2023 tätigte die Arbonia respektive die Division Türen eine kleinere Akquisition. Im Oktober wurden 100% an der Interwand GmbH zu einem Kaufpreis von CHF 5.3 Mio. erworben. Die Akquisition dient der Erweiterung des Produktsortiments mit Bürotrenn- und Industriewänden aus Glas. Im Geschäftsjahr 2023 trug Interwand CHF 1.8 Mio. zum Umsatz und CHF 0.3 Mio. zum Konzerngewinn bei. Zudem erwarb die Division Türen im April 2023 einen 17.2%igen Anteil an der deutschen Griffwerk GmbH, einem führenden Türdrücker-Hersteller, für einen Kaufpreis von CHF 12.2 Mio., der fast ausschliesslich in Form von im Markt zurückgekauften Arbonia Aktien bezahlt wurde. Im Zuge der Transaktion wurde mit Griffwerk eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen. Ebenfalls wurde die Beteiligung an KIWI von bisher 34.0% für einen Kaufpreis von CHF 1.8 Mio. auf 49.9% ausgebaut.
Im Geschäftsjahr 2023 fielen umfangreiche Sondereffekte an, welche die fortzuführenden und aufgegebenen Geschäftsbereiche auf Stufe EBITDA mit netto CHF –15.6 Mio. respektive mit CHF –16.0 Mio. auf Stufe Ergebnis nach Steuern belasteten. Der Grossteil davon betraf die Division Climate und dort die im Juli 2023 angekündigte Schliessung und Verlagerung der belgischen Spezialheizkörperproduktion in Dilsen (BE), welche Sondereffekte von CHF –11.4 Mio. auf Stufe EBITDA nach sich zog. Bei der Division Türen fielen Sondereffekte von rund CHF –2.2 Mio. aufgrund der umgesetzten Personalmassnahmen an.
Die nachfolgenden Erläuterungen zur Erfolgsrechnung und Bilanz fokussieren auf die fortzuführenden Geschäftsaktivitäten, d. h. grösstenteils auf die Division Türen. Dort, wo erwähnt, werden zur Illustration und zum Vergleich die fortgeführten Geschäftsbereiche ohne Sondereffekte diskutiert. Es gilt zu beachten, dass den fortzuführenden Geschäftsaktivitäten die gesamten Holding-Kosten zugeteilt werden, was sich in erhöhten Aufwandspositionen und entsprechend tieferen Profitabilitätszahlen widerspiegelt.
Umsatzentwicklung
Im Berichtsjahr 2023 erzielte die Arbonia einen Nettoumsatz von CHF 504.6 Mio., was einem Rückgang in Schweizer Franken von 9.2% gegenüber dem Vorjahr (CHF 555.9 Mio.), aufgrund der substanziell geringeren Volumen bei Innentüren und Duschkabinen, verursacht durch die eingebrochene Neubau- und Renovationstätigkeit im Wohnungsbau, in Kombination mit negativen Wechselkurseffekten, entspricht. Währungs- und akquisitionsbereinigt (organisch) betrug der Rückgang 8.2% gegenüber Vorjahr, wobei leicht positive Preiseffekte stark negativen Volumeneffekten gegenüberstanden.
Die Division Climate als aufgegebener Geschäftsbereich erzielte in der gleichen Periode einen Nettoumsatz von CHF 576.6 Mio., was einen Rückgang von 10.8% gegenüber Vorjahr (CHF 646.2 Mio.) darstellt. Das organische Wachstum war auch bei Climate negativ und betrug im Geschäftsjahr –9.8%, wobei auch hier einem leicht positiven Preiseffekt ein hoher negativer Volumeneffekt gegenüberstand.
Rückläufige Volumen, hohe Energie- und Zinskosten sowie negative Währungseffekte belasten die Profitabilität
Das Konzernergebnis fiel im Geschäftsjahr mit CHF –17.2 Mio. negativ aus, nach CHF 19.1 Mio. im Vorjahr, woraus sich ein Verlust von CHF –0.25 pro Aktie errechnet (Vorjahr: CHF 0.28 Gewinn).
Auf der Aufwandsseite fand im Geschäftsjahr 2023 eine moderate Entlastung beim Aufwand für Rohstoffe und Halbfabrikate statt, was einerseits den verbesserten Lieferketten und den rückläufigen Materialpreisen geschuldet war. Folglich reduzierte sich die Materialaufwandsquote um 3.4 Prozentpunkte, von 43.0% auf 39.6%. Trotz eines Rückgangs von CHF 12.6 Mio. bei den Personalkosten, aufgrund der eingeleiteten und umgesetzten Personalanpassungen, stieg die entsprechende Personalaufwandsquote um 1.2 Prozentpunkte von 35.7% auf 36.9%, da die Volumen und somit der Umsatz stärker und schneller zurückgingen, als die eingeleiteten Personalmassnahmen ihre Wirksamkeit zeigten. Der Übrige Aufwand erhöhte sich um CHF 7.1 Mio., von CHF 89.2 Mio. auf CHF 96.3 Mio., weshalb die entsprechende Aufwandsquote um 3.1 Prozentpunkte, von 16.0% auf 19.1%, anstieg. Der Übrige Aufwand wurde vor allem durch einmalig anfallende, höhere Stromkosten von rund CHF 8 Mio. sowie allgemein höhere Logistikkosten negativ beeinflusst.
Trotz eines besseren Produktmixes und moderat tieferen Materialkosten nahm das EBITDA im Berichtsjahr um CHF 18.0 Mio. von CHF 49.7 Mio. auf CHF 31.7 Mio. ab, was einem Rückgang von 36.2% entspricht. Die EBITDA-Marge reduzierte sich folglich von 8.9% auf 6.3%. Negativ wirkten sich die massiv rückläufigen Volumen bei Innentüren und Duschtrennwänden, Lohnsteigerungen, Energiekosten sowie Produktivitätsverluste aufgrund von Mindermengen aus.
Ohne Sondereffekte von CHF –2.2 Mio., die vor allem im Personalaufwand aufgrund der Anpassung der Fertigungskapazitäten anfielen, kam das EBITDA auf CHF 34.0 Mio. zu liegen (Vorjahr: CHF 53.3 Mio.), was einer Marge von 6.7% (Vorjahr: 9.6%) entspricht.
Die starke Aufwertung des Schweizer Frankens gegenüber fast allen für die Arbonia relevanten europäischen Währungen hatte einen negativen Effekt von rund CHF 1 Mio. auf das EBITDA.
Die Division Türen litt unter der stark rückläufigen Renovations- und Neubautätigkeit und der folglich geringeren Nachfrage des Grosshandels, der seinen Lagerabbau unvermindert fortsetzte, sodass die Division trotz eines guten Produktmix die substanziellen Volumenrückgänge bei Innentüren und Duschtrennwänden vor allem wegen nur leicht nachgebenden Materialkosten, ausserordentlichen, einmaligen Energiekosten von über CHF 8 Mio. sowie Produktivitätseinbussen aufgrund geringerer Produktionsvolumen nicht kompensieren konnte.
Aufgrund des tieferen EBITDA und der Zunahme der Abschreibungen und Amortisationen von rund CHF 3.1 Mio. im Vergleich zum Vorjahr fiel das EBIT um CHF 21.3 Mio., von CHF 12.4 Mio. auf CHF –8.9 Mio. Folglich reduzierte sich die EBIT-Marge um 4.0 Prozentpunkte auf –1.8% (Vorjahr: 2.2%). Unter Berücksichtigung der Sondereffekte ging das ausgewiesene EBIT im Vergleich zum Vorjahr um CHF 22.8 Mio. von CHF 16.2 Mio. auf CHF –6.6 Mio. zurück. Das Konzernergebnis aus fortzuführendem Geschäft belief sich auf CHF –14.2 Mio. (Vorjahr: CHF 0.5 Mio.). Das Konzernergebnis aus fortzuführendem Geschäft ohne Sondereffekte summierte sich auf CHF –12.5 Mio. nach CHF 3.2 Mio. im Vorjahr. Das Konzernergebnis aus aufgegebenen Geschäftsbereichen nach Steuern belief sich auf CHF –3.0 Mio., woraus ein Konzernergebnis von insgesamt CHF –17.2 Mio. resultierte.
Der Netto-Finanzaufwand erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr signifikant um CHF 8.0 Mio., von CHF 7.2 Mio. auf CHF 15.2 Mio. Gründe dafür waren ein deutlich höherer Zinsaufwand aufgrund der höheren Beanspruchung der revolvierenden Kreditfazilität in Kombination mit höheren Zinssätzen und -margen. Zudem fielen grossmehrheitlich nicht liquiditätswirksame Währungsverluste u. a. auf konzerninternen Darlehen in der Höhe von rund CHF 6 Mio. an. Per 31. Dezember 2023 war der Konsortialkredit mit CHF 120 Mio. und EUR 15 Mio. von CHF 250 Mio. beansprucht.
Der Steueraufwand fiel aufgrund des negativen Ergebnisses vor Steuern mit CHF 9.8 Mio. positiv aus, wohingegen dieser im Vorjahr noch bei CHF –4.7 Mio. lag.
Die Division Climate erwirtschaftete im Berichtsjahr einen Nettoumsatz von CHF 576.6 Mio. (Vorjahr: CHF 646.2 Mio.), was einem Rückgang von 10.8% (währungs- und akquisitionsbereinigt –9.8%) entspricht. Das EBITDA betrug CHF 42.8 Mio. (Vorjahr: CHF 58.6 Mio.), was einer Marge von 7.4% (Vorjahr: 9.1%) entspricht. Im Geschäftsjahr 2023 fielen bei der Division Climate Sondereffekte von CHF 12.0 Mio. auf Stufe EBITDA an. Die Division erzielte ein EBIT von CHF 5.5 Mio. (Vorjahr: 24.6 Mio.), was einer Marge von 1.0% (Vorjahr: 3.8%) entspricht. Das Ergebnis nach Steuern betrug CHF –16.8 Mio. (Vorjahr: CHF 11.6 Mio.).
Die Reduktion des Nettoumlaufvermögens sowie die strategiekonforme Reduktion der Investitionsquote führen zu einem positiven Geldfluss aus Geschäftstätigkeit und Free Cashflow
Der gegenüber dem Vorjahr massiv verbesserte Geldfluss aus der Geschäftstätigkeit (CHF 101.0 Mio. vs. CHF –25.8 Mio. im Vorjahr) – aufgrund eines gezielten Augenmerks auf das Working Capital Management sowie der rückläufigen Investitionen von CHF 93 Mio. (Investitionsquote 2023 von 8.6% des Nettoumsatzes der fortgeführten und aufgegebenen Geschäftsbereiche vs. 12.4% im Vorjahr) sowie der Akquisition von Interwand (CHF 3.0 Mio.), der Beteiligungserhöhung bei KIWI (CHF 1.8 Mio.) und der Bezahlung von aufgeschobenen Kaufpreiszahlungen von CHF 1.4 Mio. aus früheren Akquisitionen – führten zu einem positiven Free Cashflow von CHF 2.4 Mio. (CHF –245.5 Mio. im Vorjahr). Der Free Cashflow wäre substanziell höher ausgefallen, wenn nicht im Laufe der zweiten Jahreshälfte die Wärmepumpenverkäufe aus den vorgenannten politischen und regulatorischen Gründen praktisch zum Erliegen gekommen wären, womit Ende des Jahres Halb- und Fertigprodukte im Bereich Wärmepumpen das Nettoumlaufvermögen mit rund CHF 20 Mio. belasteten.
Beide Divisionen erzielten einen positiven Geldfluss aus Geschäftstätigkeit: die Division Climate einen von CHF 48 Mio. (Vorjahr: CHF –17 Mio.) und die Division Türen einen von CHF 35 Mio. (Vorjahr: CHF –5 Mio.).
Leicht rückläufige Bilanzsumme und leicht rückläufiges Eigenkapital, Zunahme Nettoverschuldung – Dividendenausschüttung im Nachgang zu potenziellem Verkauf Division Climate
Per 31. Dezember 2023 hat sich die Bilanzsumme der Arbonia im Vergleich zum Vorjahr um rund CHF 37 Mio. auf CHF 1482.6 Mio. (Vorjahr: CHF 1519.5 Mio.) reduziert. Die Reduktion kam durch währungsbedingte Abwertungen der Bilanzpositionen aufgrund des starken Schweizer Frankens sowie die Dividendenzahlung von CHF 20 Mio. zustande.Absolut betrachtet reduzierte sich das Eigenkapital um rund CHF 67 Mio. auf CHF 921.0 Mio. und relativ reduzierte sich die Eigenkapitalquote von 65.0% auf 62.1% per Ende 2023, womit die Arbonia nach wie vor eine äusserst starke Eigenkapitalquote aufweist.
Die Nettoverschuldung von CHF 184 Mio. per Ende des Geschäftsjahres 2022 erhöhte sich aufgrund der Dividendenzahlung (CHF 20 Mio.) und des Kaufs von eigenen Aktien (CHF 3 Mio.) sowie einer leichten Zunahme der Leasing-Verbindlichkeiten bei einem leicht positiven Free Cashflow um CHF 25 Mio. auf CHF 209 Mio. Der Verschuldungsgrad ohne Sondereffekte beträgt per Ende 2023 somit rund 2.3x (unbereinigt um Sondereffekte 2.9x). Zudem wurde wie angekündigt für die Renditeliegenschaft in Arbon eine eigenständige Hypothekarfinanzierung im Umfang von CHF 15 Mio. umgesetzt. Diese Finanzierung ist ebenfalls Bestandteil der ausgewiesenen Nettoverschuldung.
Die starke Bilanz und die positive Entwicklung des Cashflows erlauben es, auch für das Geschäftsjahr 2023 eine Dividende auszuschütten. Angesichts der laufenden Verhandlungen in Bezug auf einen möglichen Verkauf der Division Climate hat der Verwaltungsrat entschieden, die in der Höhe noch zu bestimmende, ordentliche Dividende für das Geschäftsjahr 2023 im Nachgang zum Closing eines möglichen Verkaufs der Division Climate anlässlich einer ausserordentlichen Generalversammlung mit weiteren Kapitalrückführungs-Instrumenten an die Aktionärinnen und Aktionäre (wie bspw. Nennwertrückzahlung, Aktienrückkauf und Sonderdividende) zu traktandieren.